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Let’s talk:
Data Analytics im Großanlagenbau

Data Analytics ist in der Industrie und speziell im Anlagenbau in aller Munde. Das Thema gewinnt im Zuge der ganzheitlichen Digitalisierung von Unternehmen, Prozessen und Produkten zunehmend an Bedeutung. Wie wird Data Analytics bei der thyssenkrupp Industrial Solutions AG eingesetzt? Welche Vorteile ergeben sich für die Kunden? Als Chief Digital Officer treibt Dr. Anne Bendzulla seit April 2018 die digitale Transformation des globalen Anlagenbauers voran. Zuletzt wurde Ihr Engagement mit dem diesjährigen Vordenker-Award des Handelsblatt und der Boston Consulting Group (BCG) ausgezeichnet.

Frau Dr. Bendzulla, was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Data Analytics?

Es geht um die Sammlung und Auswertung großer Datenmengen unterschiedlichster Art. Ziel ist es, versteckte Muster, unbekannte Korrelationen und andere nützliche Informationen zu erkennen. Aus solchen Informationen lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten, die Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten und andere geschäftliche Vorteile ergeben können.

Insbesondere für den Betrieb von Großanlagen ergeben sich durch Data Analytics große Chancen. Aktuell entwickeln wir beispielsweise Anwendungen, die es ermöglichen, Anlagen jederzeit im optimalen Betriebspunkt zu fahren. Das führt zu einer signifikanten Reduktion von Verbrauchs-, Hilfs- und Betriebsstoffen auf der einen Seite und zu einer Maximierung der Produktionsmenge auf der anderen Seite.

Welcher weitere Nutzen ergibt sich für den Kunden?

Durch die Analyse bspw. von Vibrationen, Durchflüssen oder Temperatur lassen sich bereits heute außergewöhnliche Betriebszustände bzw. Anomalien prüfen. Diese Daten werden direkt an Expertensysteme weitergegeben, die die Ergebnisse bewerten und zukünftig auftretende Fehlfunktionen in Anlagenkomponenten erkennen. Und dies, bevor sie in der Realität Störungen oder Anlagenschäden verursachen. So wird es möglich, einzelne Komponenten gezielt zu warten, bevor Probleme auftreten.

Darüber hinaus kann das produzierte Produkt optimiert werden. So tragen online aufgenommene Produktions- und Produktparameter noch während des laufenden Produktionsprozesses zur Vermeidung von sowohl Qualitätsmängeln als auch Übererfüllungen bei. Dies dient dem effizienten Einsatz von Ressourcen.

Last but not least, findet Data Analytics auch in der Analyse äußerer Bedingungen Anwendungen. Ein Beispiel: Die Vorhersage ungewöhnlicher Wetterlagen ermöglicht die frühzeitige Anpassung des Betriebsmodus der Anlage. Eine Trockenperiode und daraus resultierende niedrige Flusswasserstände haben Auswirkungen auf die Versorgungslogistik von Industriestandorten. Einem solchen Szenario kann frühzeitig Rechnung getragen werden.

Das sind eine Reihe überzeugender Vorteile. Was sind Voraussetzungen für den Einsatz von Data Analytics?

Am Anfang steht die Erhebung und Aufbereitung einer soliden Datenbasis im Betrieb. Hier geht Qualität vor Quantität. Es müssen die Daten erhoben werden, die als bestimmend für den Systemzustand und die Qualität des Produktes anzusehen sind. Eine umfangreiche Sensorik wird in diesem Kontext schon heute angewendet. In einer Düngemittelanlage sind bereits heute über 1.000 Sensoren aktiv, die sowohl die Produktionsanlagen als auch das Produkt selbst kontinuierlich analysieren. Eine Datenmenge von mehreren Gigabyte pro Sekunde sind hier nicht ungewöhnlich.

Auf dieser Basis wird ein bereinigter Datensatz geschaffen, der für die Analyse zur Verfügung steht und Ausgangspunkt für die Erstellung eines „digitalen Zwillings“ ist. Dieser „digitale Zwilling“ wird über den gesamten Lebenszyklus der Anlage für Planung, Analysen und Dokumentation von allen Beteiligten genutzt.

Wichtig ist die sinnvolle Interpretation der Daten im Zuge der Analyse. Dazu überführen wir das Engineering- und Prozess-Knowhow sowie die jahrelange Erfahrung unserer Ingenieure in Datenbanken, Expertensysteme, Algorithmen und neuronale Netze. Diese unterscheiden im Anlagenbetrieb kritische von unkritischen Abweichungen und können maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen ableiten. Die Ingenieure überprüfen und ergänzen diese Handlungsempfehlungen und geben wertvollen Input für die weitere Optimierung unserer Sensoren und Analysewerkzeuge. Bei thyssenkrupp Industrial Solutions nennen wir das „digitalized expertise“.

Des Weiteren sind idealer Weise auch die Zulieferer und Abnehmer in die Planspiele und Analyse eingebunden. Hier besteht ein Trend zu mehr Kooperation und Datentransparenz, damit geht mehr Effizienzpotenzial einher.

Welche Auswirkungen haben die von Ihnen geschilderten Entwicklungen und Möglichkeiten auf die Arbeitswelt?

In Zukunft werden wir im Großanlagenbau vermehrt in nativ digitalen, weitgehend parallelisierten Prozessen arbeiten. Das Ziel der Datengenerierung und -anreicherung steht im Vordergrund. Dokumente wie Bauzeichnungen oder auch Qualitätsbescheinigungen, deren Generierung den heutigen Arbeitsalltag noch prägen, werden zum Nebenprodukt.

Digitale Arbeits-, Kommunikations- und Ablagesysteme wie Clouds, Augmented Reality etc. halten Einzug in unsere Arbeitswelt. Damit wird Bedeutung von hierarchischen Zuständigkeiten und Abteilungsgrenzen abnehmen; temporär zusammengestellte Teams und Communities, die weitestgehend eigenverantwortlich arbeiten werden zur Normalität.

Das erfordert sowohl im Management als auch von Mitarbeitenden ein ein Umdenken und Offenheit für Neues.

Bei thyssenkrupp Industrial Solutions leben wir diese Art der Zusammenarbeit bereits heute. Gemischte Teams aus IT-Experten, Datenanalysten und Technologieexperten treiben in engen Austausch mit dem Kunden digitale Produkte voran und entwickeln diese stetig weiter.

Weitere Informationen: https://www.thyssenkrupp-industrial-solutions.com/de/digitalized-expertise

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