Klinkerproduktion in Guatemala – Leistungstest aus 9.000 Kilometern Entfernung
Worum ging es? thyssenkrupp hatte in Guatemala für den Kunden Cemento Progreso eine 4.500 tato Klinkerproduktionslinie errichtet und erfolgreich in Betrieb genommen. Jetzt stand der „Bonustest“ an. Üblicherweise treffen sich für diesen Leistungstest die Experten des Kunden und die von thyssenkrupp vor Ort. Doch der Lockdown während der Corona Pandemie machte allen einen Strich durch die Rechnung, die Inbetriebnehmer aus Deutschland konnten nicht einreisen.
Schnell waren wir uns sicher, das wird klappen. Nach kurzer Zeit waren alle im wahrsten Sinne ‚Feuer und Flamme‘.
Thomas Kalus, Head of Construction & Commissioning
Und so entstand die Idee, den über mehr als neun Tage im Dreischichtbetrieb laufenden Leistungstest „Remote“ also über eine Distanz von mehr als 9.000 Kilometern und acht Stunden Zeitunterschied durchzuführen. In Neubeckum wurde ein virtueller Leitstand eingerichtet, auf dem die Inbetriebnehmer von thyssenkrupp 1 zu 1 das gleiche Bild vor sich hatten, wie der Operator des Kunden in Guatemala. Über eine Standleitung wurde in Echtzeit der Inhalt der polcid-Bildschirme für die Steuerung der Ofenanklage aus dem Leitstand in Guatemala übertragen. Die zweite DSL-Leitung dienste zur ständigen Kommunikation mit dem Betriebspersonal des Kunden. Dazu wurden Bild und Ton, das Signal einer weiteren Kamera für die Brennerflamme sowie der Austausch von Tabellen und Protokollen mittels TEAMS sichergestellt. Selbstverständlich wurden während des gesamten Bonustests die Corona-Sicherheits- und Hygienevorschriften (Mundschutz, Abstände, Desinfektion etc.) streng befolgt.
Nach neun Tagen „rund um die Uhr“ konnten über 40.000 Tonnen Klinker produziert werden. Die Ofenleistung von fast 108% übertraf das angepeilte Ziel von 105% deutlich. Eine Leistung, auf die alle Beteiligten zu Recht stolz sein können.
Heiße Remote-Inbetriebnahme in Kenia
Schnell sprach sich der erfolgreiche Remote-Test bei anderen Projektteams und deren Kunden rum. Auch die indischen und deutschen Inbetriebnahme-Experten von thyssenkrupp standen vor dem Problem, ihre Arbeit während der Corona-Pandemie bei einem wichtigen Projekt in Kenia nicht auf „normalem“ Wege fortsetzen zu können. Sechzig Kilometer von Mombasa, der zweitgrößten Stadt Kenias entfernt, hätte Ende März 2020 eigentlich die heiße Inbetriebnahme einer Klinkerproduktionslinie inklusive einer Rohmühle und einer Zementmühle erfolgen sollen. Auch hier war die Anwesenheit der thyssenkrupp Experten nicht möglich. Gemeinsam mit dem Kunden fiel der Entschluss die Inbetriebnahme remote durchzuführen.
Dies ist ein großartiges Beispiel für ‚WE remote‘, eine enge Kooperation mit dem Kunden und zwischen den Hubs. Ein Wegbereiter für die neue Normalität.
V.N. Balasubramanian, Director Cement , thyssenkrupp Industries India
Virtuelle Kontrollräume in Neubeckum und im indischen Pune projizierten das Steuerpult der Anlage in Kenia auf eine riesige Leinwand. Eine weitere Verbindung ermöglichte das Live-Streaming und die Steuerung von zwei Konsolen. Die Überbrückung der Distanz von 4.500 (Mombasa-Pune) bzw. 6.900 Kilometer (Mombasa–Neubeckum) verlief ohne größere Probleme.
Nur 28 Tage vergingen zwischen dem Entschluss zur Remote-Inbetriebnahme und der Herstellung des ersten Klinkers. Für den Kunden ein großer Vorteil – endete doch damit eine viermonatige Corona bedingte Durststrecke. Der geplanten Jahresproduktion von 1,65 Millionen Tonnen Zement in Kenia ist man einen großen Schritt nähergekommen.